Wenn aus der kriselnden Kapitalanlage ein Massenschadensfall wird, dann laufen in den Anlegerschutz-Kanzleien alle Drähte heiß. Schnell werden Interessengemeinschaften gegründet, die aber in aller Linie erstmal das Interesse der Kanzlei abbilden. Um aus gebeutelten Anlegern wütende Mandanten zu machen, wird in diesen Interessengemeinschaften schnell ein Sündenbock gefunden und auf ihn eingedroschen.Die Vermittler sind schuld.
Auch im Fall bc connect ist der Schuldige schnell gefunden: Der Vermittler hätte die sogenannte Plausibilität der Anlage nicht ausreichend geprüft und sich dadurch gegenüber dem Anlager strafbar gemacht.
Diese und weiter Anschuldigungen in Richtung der Vermittler seien "so nicht haltbar", so Vermittleranwalt Nikolaus Sochurek, Partner bei Peres & Partner in München und Herausgeber des Portals Finanzberaterhaftung.de, das seit über 5 Jahren die Interessen von Vermitttlern bündelt und der Gemeinschaft eine Art kollektiven Rechtsschutz anbietet. Mit einigem Erfolg. Sochurek: "Da wo es zu Klagen gegen Vermittler gekommen ist, konntten wir im Großteil aller Fälle Schadenersatzansprüche von Anlegern abwickeln!" Sochureks mächtigstes Werkzeug ist allerdings Erfahruung und Expertise im außergerichtlichen Verfahren.
So stellt sich die Interessengemeinschaft der Vermittler auf: "Zuerst sammeln wir die Fakten und entwickeln ein Gefühl dazu, mit welchen Klagestrategien unsere Vermittler im Ernstfall konfrontiert werden dürften" Das herauszubekommen ist nicht schwer. Sochurek: "Die Anleger-Kanzleien trommeln ja laut genug!"
Im bc connect-Insolvenzverfahren - Rechtsanwalt Frank-Rüdiger Scheffler (Kanzlei Tiefenbacher, Ulmenstraße 14, 09112 Chemnitz) ist der Insolvenzverwalter - geht es jetzt erstmal darum, die Werte des Unternehmens aufzunehmen und die Insolvenztabelle zu erstellen.
Neben der Zahlungsunfähigkeit wiegt die Untersagung des Geschäftsmodells durch die BaFin schwer. Die Hereinnahme von unbedingt rückzahlbaren Geldern des Publikums (§ 1, Abs. 1, Nr. 1 KWG) ist nach dem KWG – vereinfacht ausgedrückt – ist eigentlich Banken vorbehalten. Im Kern lautet der Vorwurf also, man habe unerlaubte Bankgeschäfte betrieben, was strafbar wäre."Diese juristische Kenntnis konnten Vermittler nicht haben!" so Sochurek: "Hier müssen andere Verantwortliche gefunden werden."
Aus Perspektive der Vermittler bestehen nun verständliche Sorgen, die eigenen Kunden zu verprellen oder in die Haftung genommen zu werden, obwohl die Vermittler nichts für den Verlauf der Anlage können. Im Internet kann finden sich allenfalls fragmentarische Beiträge zur Rechtslage, die sich für die Vermittler verkürzt wie folgt darstellt
Der Vertrieb einer solchen Kapitalanlage kann grundsätzlich in die Haftung genommen werden, sowohl wegen einer Vertragspflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB) aus einem Vermittlungsvertrag sowie auch aus Deliktsrecht (§§ 823 Abs. 2 BGB, 32 Abs. 1 S. 1, 54 KWG), weil das unerlaubte Betreiben von Bankgeschäften strafbar ist.
Sochurek: "Das ist aber äußerst differenziert zu betrachten," denn der Bundesgerichtshof verwies in den einschlägigen Fällen die Prozesse an die Instanzgerichte zurück und wies dabei mit Nachdruck darauf hin, dass die Vorgerichte bei ihren Entscheidungen die Verschuldensfrage mit Blick auf einen möglichen unvermeidbaren Verbotsirrtum besonders sorgfältig zu überprüfen haben (Bsp. BGH 10.07.2018, NJW-RR 2018, 1250, Rn. 28). Sochurek und andere Vermittler-Anwälte sind der Auffassung, dass Vermittler nicht wegen einem KWG Verstoß in die Haftung genommen werden können: "Wir führen zahlreiche Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit Vermittlerhaftung bei KWG Verstößen. Regelmäßig ist es und durch die Vorlage dem Verfasser vorliegender Urteile und mittlerweile vorliegender Argumentationslinien gelungen, eine Haftung der Vermittler wegen KWG Verstoß abzuwenden."
Zum Thema der Haftung wegen eines angeblichen Schneeballsystems ist die Rechtslage im Ergebnis ähnlich. Zu eigenen Nachforschungen ist der Anlagevermittler nicht zwingend verpflichtet, es sei denn es liegen dem Vermittler konkrete Hinweise vor, die ein Nachforschen empfehlen. "Im Fall bc connect gab es diese Hinweise nicht" - so Sochurek deutlich.
Ohne konkrete Hinweise kann eine Plausibilitätsprüfung keine Ermittlungspflichten einschließen (BGH, Beschluss vom 21.05.2008, Az. III ZR 230/07, NJW-RR 2013, 371). Sochurek: "Zweifel an der inneren Schlüssigkeit, die im Zeitraum während des Vertriebs Anlass zu Nachforschungen gegeben hätten, bestehen aus unserer Sicht nicht!"
Sochurek ist der Meinung, dass Anleger Chancen und Risiken der Kapitalanlage auch einmal selbst tragen müssen: "!Es wird nicht für jeden Fall einen externen Schuldigen geben, so gerne die Anlegerkanzleien das wünschen - und bc connect wird so ein Fall werden,,,!"
Vermittler bleiben aber verunsichert. Sie befürchten Inanspruchnahmen, vielleicht sogar den Verlust der gewerberechtlichen Zulassung und wissen nicht genau, wie sie sich in der Situation verhalten sollen.
Nikolaus Sochurek hat daher, wie schon häufig in der Vergangenheit, eine Vermittlergemeinschaft BC Connect Vermittler gegründet, für die er und die schon vorhandenen Vermittler sich einsetzen. Die Mitglieder profitieren in vielfältiger Weise von der kostenfreien Gemeinschaft. Es wird einen Newsletter zur Wissensbündelung geben, wie es sich in der Vergangenheit in anderen Massenschadensfällen (zum Beispiel Lombardium Hamburg) bewährt hat.
So kann besonders in der Anfangsphase und auch später in möglichen Verfahren einheitlich und geschlossen marschiert werden. Außerdem bekommen die Mitglieder ein Merkblatt zum richtigen Kundenumgang an die Hand und werden, falls erforderlich, auch im Einzelfall beraten bei der Kommunikation. Denn: Der beste Prozess ist nicht der gewonnene Prozess, sondern der durch geschickte und mit Erfahrung durchgeführte Präventivberatung vermiedene Prozess.